EXPERT INTERVIEW

Europas Rolle in zukunftsrelevanten Technologien: Im Gespräch mit Bitkom e.V.

Foto von Benedikt Scheungraber
Benedikt Scheungraber
July 22, 2020
Patrick Hansen (Bitkom e.V.) interviewed by Cashlink

Cashlink: Lieber Patrick, wir freuen uns sehr, dass wir dich als Gesprächspartner gewinnen konnten. Stell dich doch einmal vor: Wer bist du und was machst du mit deinem Team bei Bitkom im Arbeitskreis Blockchain?

Patrick Hansen: Danke für die Einladung! Ich bin Patrick Hansen und beim Bitkom, dem größten deutschen Digitalverband mit knapp 2000 Direktmitgliedern, für die Blockchain-Themen und Projekte zuständig. Mein Wirtschafts- und Politikstudium, diverse Erfahrungen im Tech- sowie Politikkontext und natürlich meine Leidenschaft für Blockchain haben mich Anfang 2018 zum Bitkom geführt. Unser Arbeitskreis Blockchain versammelt Tech-Unternehmen, einen Großteil der Finanzindustrie, zahlreiche Blockchainstartups, Rechtskanzleien, wissenschaftliche Einrichtungen, und viele weitere Global Player, Mittelständler und Startups aus unterschiedlichen Blockchain-Anwendungsbranchen wie Energy, Health, oder Mobility. Wir verstehen uns als das Sprachrohr und Netzwerk zwischen Wirtschaft, Politik, und Gesellschaft für Blockchainthemen in Deutschland.

Was wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern tun: Wir setzen uns mit politischen Gesprächen, Konsultationen und Stellungnahmen dafür ein, dass die Chancen der Blockchain gesehen werden und Blockchain-freundliche politische und regulatorische Rahmenbedingungen entstehen. Wir publizieren Infopapiere, Studien und Leitfäden zum Thema Blockchain und wir sorgen durch zahlreiche Treffen, Events und Projekte für regen Austausch unter unseren Mitgliedern. Gemeinsam möchten wir Deutschland bzw. die EU zum weltweiten Blockchain-Hotspot machen.

Cashlink: Während China & USA führende Rollen in zukunftsrelevanten Technologien einnehmen & darin stark investieren, hängt Europa oftmals hinterher. Im Bereich der Blockchain- und DLT-Technologie ist die aktuelle Vormachtstellung noch offen. Wie könnte es in dieser Ausgangssituation Deutschland bzw. der EU gelingen, eine führende Rolle einzunehmen? Wie müsste die Regulatorik angepasst werden und was wäre die optimale Vorgehensweise?

Patrick Hansen: Wir setzen uns in Europa sehr stark für digitale Souveränität ein – das heißt auch für Sicherheit, Dezentralität und Transparenz. Die Blockchain bzw. DLT passt perfekt zu diesem europäischen Credo in Digital- bzw. Datenfragen, deutlich besser als zu Vorstellungen, wie sie in anderen Ländern vorherrschen. Zudem sind wir mit zahlreichen Startups, Corporate-Projekten, und (meistens) vergleichsweise aufgeschlossenen Regulatoren und Aufsichten in einer guten Ausgangsposition. Was es weiter braucht, ist viel mehr (Weiter-)Bildung und Aufklärung – gerade in der Breite der Gesellschaft (Schulen, Unis etc.) und Wirtschaft (Mittelstand). Zudem braucht es aber auch deutlich mehr Geld für Blockchain-Projekte und damit einhergehend deutlich mehr Blockchain- Verständnis in den privaten und öffentlichen Leitungsetagen, um weltweit vorangehen zu können.

Hinsichtlich der Regulatorik brauchen wir endlich einen einheitlichen digitalen Binnenmarkt in Europa mit einer rechtssicheren Einordnung von Kryptowerten und damit einhergehenden eindeutigen Rechten und Pflichten. Hier stellt der europäische Flickenteppich momentan noch einen großen Bremsklotz dar. Für den Einsatz von Blockchain braucht es zudem mehr rechtliche Klarheit etwa beim Daten- und Haftungsschutz, das gilt vor allem für public permissionless blockchains.

Cashlink: Die deutsche Bundesregierung hat im vergangenen Jahr ihre Blockchain-Strategie veröffentlicht & ein neues Verwahrgesetz für digitale Werte eingeführt. Welche Punkte sind deiner Meinung nach besonders wichtig? Welche Maßnahmen sollten noch ergriffen werden?

Patrick Hansen: Die Bundesregierung hat hier mit der Kryptoverwahrlizenz zwar einen Alleingang gewagt, der deutlich über die europäischen Vorgaben hinausging, genau das könnte sich aber noch als drastischer Wettbewerbsvorteil für hiesige Unternehmen herausstellen, sollte die anstehende europäische Regulierung dem deutschen Beispiel folgen. Der größte Vorteil der Verwahrregulierung ist die damit entstandene Rechtssicherheit für Kryptounternehmen, die ein ganz neues Spektrum an Kooperation mit klassischen Banken und Finanzdienstleistungsunternehmen ermöglicht. Damit rückt das Thema Kryptowerte erstmals mitten in den Fokus des regulierten Finanzmarktes.

Auf den Gesetzesentwurf zur Öffnung des deutschen Rechts für rein elektronische Wertpapiere bzw. Security Token warten wir jedoch seit dessen Ankündigung in der Blockchain-Strategie vergeblich. Das wäre ein weiterer wichtiger Schritt Richtung Token Economy. Die Bundesregierung ist hier seit geraumer Zeit in der Bringschuld.

Cashlink: Wie können zukünftig Unternehmen, Startups und aber auch die Politik in der Branche noch besser zusammenarbeiten, damit Deutschland wettbewerbsfähig bleibt?

Patrick Hansen: Jedes Unternehmen, das hieran mitwirken will, ist herzlich bei unserer Blockchain- Plattform beim Bitkom willkommen 😉

Cashlink: Während China dieses Jahr eine digitale Zentralbank-Währung bereits umgesetzt hat und Facebooks digitale Währung Libra immer weiter Form annimmt, hängt der Euro-on-Chain noch hinterher. Wie wichtig schätzt du die Einführung einer digitalen Währung ein? Und welche Prognose stellst du für ihre Entwicklung an?

Patrick Hansen: Mittelfristig wird man um einen programmierbaren digitalen Euro nicht herumkommen. Die Frage ist eher, wer diesen emittiert und wie er ausgestaltet ist. Hier rechne ich in den nächsten Jahren erstmal mit verstärkten Initiativen aus der Privatwirtschaft, insbesondere aus dem klassischen Bankensektor, der angesichts von Libra und Co. um Teile seiner Wertschöpfung bangt. Langfristig wird es sich der Staat in einer digitalen (und ggf. bargeldlosen) Welt nicht nehmen lassen, einen eigenen digitalen Zentralbankeuro auszugeben und seiner Bevölkerung direkten Zugang zum gesetzlichen Zahlungsmittel zu verschaffen. An der Stelle möchte ich gerne auf unser kürzlich veröffentlichtes Bitkom Infopapier zum Digitalen Euro auf der Blockchain verweisen, in dem wir Motive, Ausgestaltungen und Risiken eines digitalen Zentralbankeuro näher in den Blick nehmen.

Cashlink: Zuletzt würden wir gerne deine Meinung zur Bedeutung der Blockchain- & DLT-Technologie in der Zukunft hören. Auf welche Bereiche werden diese Technologien europaweit in den kommenden Jahren besonders großen Einfluss haben? Und in welcher Rolle seht ihr euch als Verein bei der Zukunftsgestaltung?

Patrick Hansen: Den größten Einfluss sehe ich erstmal weiter im Finanzbereich, in dem sich ein Großteil der heutigen Blockchain/DLT-Anwendungen abspielt. Zudem erleben wir mit dem aufstrebenden Thema Decentralized Finance (DeFi) schon die nächste disruptive Blockchain-Welle. Darüber hinaus sind in meinen Augen die Bereiche Supply Chain, Energie und Mobilität mit am weitesten beim Thema Blockchain und DLT.

Beim Bitkom möchten wir weiterhin das kompetente Blockchain-Netzwerk in Deutschland bieten, das diese Trends und Themen frühzeitig erkennt, technologisch (Standards, Protokolle etc.), wirtschaftlich (Use Cases, Geschäftsmodelle etc.) und rechtlich (Sicherheit, Compliance etc.) analysiert und diskutiert und sich im gemeinsamen Austausch mit der Politik für innovative Rahmenbedingungen für die Blockchain/DLT stark macht.

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